Was könnte mehr auseinanderliegen als Digitalisierung und alte Menschen? Keine Altersgruppe hat für die Nutzung von Internet und Smartphones höhere Hürden zu überwinden – und berechtigterweise auch weniger Lust, sich in diesen neumodischen Kram hineinzufuchsen. Einerseits. Andererseits werden beide wohl eher früher als später mehr miteinander zu tun haben, als zumindest den Alten lieb ist. Digitalisierung und die alternde Gesellschaft sind zwei Großtrends, die sich in der Frage nach den Möglichkeiten des Einsatzes künstlicher Intelligenz in der Altenpflege treffen.

Der digitalethische Diskurs (zum Beispiel hier und hier) beschäftigt sich in diesem Zusammenhang zurecht mit Fragen zu Privatheit, Würde und Autonomie älterer Menschen. Ich möchte einen lebensweltlichen Ansatz ergänzen, der berücksichtigt, wie alte Menschen ihre Lebenssituation erleben und erfahren. Da landet man schnell bei Einsamkeit. Auch wenn die medizinische Pflege funktioniert, sitzen viele alte Menschen allein zu Hause und fragen sich, warum sie denn nun so alt geworden sind, wenn sich doch niemand für sie interessiert. Dialogische und existenzialistische Philosophie diagnostiziert hier schlicht: ein Du fehlt, die Anderen sind nicht da. Und damit sind nicht irgendwelche Nachbarn gemeint, die mal eben vorbeischauen und ein floskelhaftes „Wie geht’s“ fallen lassen. Die Philosophie ist da fundamentaler: Im Buber’schen Pathos gesprochen begegnet einem mit einem Du eine ganze kleine Welt, etwas Wesenhaftes, was einen bestimmt und erfüllt. Blöd, wenn das im Alter abhanden kommt.

Wie hoch entwickelt Pflegeroboter auch sein mögen, die Lösung der Einsamkeitsproblematik alter Menschen besteht sicherlich nicht darin, Begegnungen mit Anderen durch KI zu ersetzen (hier ein Eindruck). Lebensweltlich betrachtet kann KI nur flankierend und kontributiv tätig werden. Soll heißen, Roboter, Tablets und Co. tragen zur kognitiven Aktivierung bei und unterstützen im Alltag durch Handhabe von Gegenständen (hier ein Ausblick). Je stärker man jedoch die Bedeutung wesentlicher und vielschichtiger Begegnung für die Lebensqualität älterer Menschen berücksichtigt, desto weniger ist KI hilfreich.

Lebenswelt bleibt Menschenwelt, noch.


Digitalisierung in der Altenpflege